Die Göttin

Die stille Last - Mutter und Frau?

17. Juni 2025

Es gibt Tage, da trägt mein Herz mehr, als meine Schultern halten können. Die Verantwortung. Die Liebe. Die Sorge.

Als ich die zwei Striche auf dem Test sah, konnte ich nicht ahnen, was sie wirklich bedeuten würden. Zwei kleine Linien – und doch ein ganz neues Leben. Nicht nur das, das in mir heranwuchs. Sondern auch meins. Ich wusste nicht, dass „Mama sein“ alles in Frage stellen würde, was ich bis dahin über mich geglaubt habe. Dass es mich brechen und gleichzeitig neu zusammensetzen würde. Dass ich alles, was ich bin, neu sortieren muss – zwischen Kinderlachen, Windelbergen, Selbstständigkeit, Trennung, Träumen und To-Do-Listen.


Ich habe zwei wundervolle Mädchen geboren. Sie kamen mit einem Abstand von eineinhalb Jahren – sportlich, sagt man. Und ich war nebenbei selbstständig. Getrennt. Verantwortlich. Ich war alles. Und nichts von dem, was ich vorher war.


Und dann kam dieser Satz: „Du hast es dir ja so ausgesucht.“ Ja. Ich wollte Kinder. Ich wollte mein Herzensprojekt leben. Aber ich hatte einen anderen Plan. Einen Plan, der nicht meiner war. Ein Konstrukt aus Erwartungen, Prägungen, Bildern. Und ich habe diesen Plan über den Haufen geworfen, um meinem Innersten zu folgen. Meiner Intuition.


Dieser Weg ist schön. Wahr. Wachsend. Aber er ist auch schwer. Denn niemand spricht davon, wie viel eine Mutter tatsächlich trägt. Nicht nur die Kinder. Nicht nur die Einkaufstaschen. Sondern die ständige Alarmbereitschaft. Den mentalen Sturm. Die Angst, etwas falsch zu machen. Die unendliche Verantwortung. Ich bin der sichere Hafen. Die Konstante. Die Quelle. Und ich weiß: jeder Schritt, den ich gehe, wird von zwei kleinen Menschen beobachtet. Nachgeahmt. Gespeichert. Ich darf nicht fallen – weil niemand da ist, der mich auffängt. Und wenn ich falle, dann leise. In der Nacht. Zwischen Wäschekorb und Tränenkissen.


Ich funktioniere. Ich liebe. Ich kämpfe. Und ich vergesse mich. So geht es unzähligen Müttern. Jeden verdammten Tag. Wir sind zur Projektionsfläche einer ganzen Gesellschaft geworden – und gleichzeitig unsichtbar in ihr. Wir sollen alles geben, aber bitte nicht fordern. Wir sollen stark sein, aber nicht laut. Mütterlich, aber nicht zu weich. Erfolgreich, aber nicht abwesend. Schön, aber bitte nicht müde. Das ist unmenschlich. Und wir machen es trotzdem. Jede. Einzelne. Von uns.


Doch hier ist der Punkt, an dem wir innehalten müssen: Es darf aufhören. Wir dürfen diese Last aussprechen. Wir dürfen sie teilen. Wir dürfen sagen: Ich kann nicht mehr. Ich will nicht alles. Ich will auch mich. Denn wir sind nicht nur Mütter. Wir sind Frauen. Wir sind Wesen voller Tiefe, Sehnsucht, Wildheit, Zartheit. Und wir dürfen Raum einnehmen. Wir dürfen unperfekt sein. Wir dürfen Fehler machen – viele sogar. Und trotzdem (oder gerade deshalb) sind wir die perfekten Mütter für unsere Kinder.


Unsere Kinder brauchen keine rundgelutschten Seifenblasen. Sie brauchen uns – echt, ehrlich, mit Ecken und Kanten. Sie brauchen unsere gelebte Menschlichkeit, um ihre eigene zu entdecken. Wir bringen keine perfekten Kinder zur Welt. Sondern echte Menschen. Und echte Menschen entstehen aus echten Müttern.

Wer hier schreibt?

Ich – Ronja Amelie.

Mama, Mentorin, Freigeist. Ich schreibe hier ehrlich, direkt und mitten aus dem Leben. Über das Frau-Sein, das Mutter-Sein, das Ich-Sein – und über all die verrückten, wundervollen und manchmal schmerzhaften Zwischenräume dazwischen.

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