Die Göttin

Gegen den Strom: Der Preis der Freiheit, man selbst zu sein

5. Mai 2025

Freiheit klingt so romantisch und erfüllend – aber der Weg dorthin ist ein Wechselspiel zwischen Himmel und Hölle, von ekstatischem Glück bis hin zur lähmenden Einsamkeit.

Mein Ausstieg aus der Depression und meinen Angstzuständen war damals die bewusste Entscheidung, mein wahres Selbst finden und leben zu wollen. Meinen eigenen Weg zu gehen – ganz gleich, wie dieser aussehen würde. Damals war mir gar nicht bewusst, welche Konsequenzen diese Entscheidung nach sich ziehen würde.


Auf der einen Seite erlebe ich pures Glück und Liebe, auf der anderen ist es jedoch eine reine Schlacht. Eine Schlacht gegen die Gesellschaft, gegen Erwartungen, gegen Menschen, die mich doch angeblich lieben. Ich habe schnell gelernt: Der Weg zu mir selbst ist nicht mit Applaus gepflastert, sondern mit Schweigen, Vorwürfen und Abschieden. Menschen, die behauptet haben, mich zu lieben, liebten oft nur die Version von mir, die sich angepasst hat. Die, die „mit dem Strom“ schwimmt und nicht auffällt.


Klar, es wäre so einfach gewesen, mich mitreißen zu lassen. Augen zu und von der Masse tragen lassen – besonders als Jugendliche. Mit der Menge mitzugehen, Gruppenzwang und so. Aber ich konnte damals schon die Stimme meines Herzens nicht überhören – und kann und will es auch heute nicht. Sie ist laut. Sie ist stark. Sie ist ich.


Der Preis, den man zahlt, wenn man seinen eigenen Weg geht, ist hoch. Ja, alle sagen immer: „Sei du selbst“, „Hör auf dein Herz“. Ja – tu das! Denn das, was du gewinnst, ist das Wertvollste, das du im Leben gewinnen kannst. Doch die Bereitschaft, diesen Preis zu zahlen, erfordert Stärke, Mut und Durchhaltevermögen. Warum? Lass es mich dir zeigen.


Mit 16 Jahren hatte ich meine erste große Transformation. Nach vier Monaten war ich nicht mehr die Person, die meine Familie zu kennen glaubte – ihre Reaktion darauf war geprägt von Entsetzen und vielen Fragezeichen. Verständlich irgendwie – eine völlig neue Person im gleichen Körper. Was ich mir gewünscht hätte? Verständnis und emotionale Unterstützung. Vermutlich auch bedingungslose Liebe – ganz gleich, wer ich gerade war. Aber in solchen Momenten lernt man schnell, wie wichtig es ist, sich selbst mit Liebe zu erfüllen. Und sich nicht abhängig zu machen von der Liebe oder Unterstützung anderer.


Mit 18 zog ich aus, schmiss die 13. Klasse und begann ein Fernstudium. Dann: Verlobung, Schwangerschaft, Studienabbruch, Umzüge, Hochzeit, Schwangerschaft mit Kind Nr. 2, erneut Studienabbruch – und rein in die Selbstständigkeit. Auf dem Weg habe ich radikal Menschen aussortiert, ja, auch den Kontakt zu meiner Familie abgebrochen. Warum? Aus heutiger Sicht: ein Zusammenspiel aus vielen Dingen. Die anderthalb Jahre Funkstille waren auch die Jahre, in denen meine Ehe sich dem Ende näherte. Ein Jahr, das für mein gesamtes Sein entscheidend war. Und dann schließlich die Trennung. Meine kleine Tochter war gerade mal drei Monate alt, ich mitten in der Gründung – und kein Kontakt zur Familie. Der Preis, den ich selbst für meine Freiheit gewählt hatte: alleine kämpfen.


Ich selbst zu sein, meinen Weg zu gehen – provokant, triggernd, abseits der gesellschaftlichen Norm – hat mir früh gezeigt, dass ich scheinbar für alles verantwortlich bin, was nicht nach Plan läuft. So auch die Trennung – auch die war natürlich „meine Schuld“. Ein Glaubenssatz, der sich bei mir tief eingebrannt hat, war (und ist): „So wie du bist, bist du falsch.“ – „So wie du bist, bist du nicht liebenswert genug.“ – „Du bist das Problem.“ Die Liste ist lang.


Heute merke ich sofort, wenn mein Gegenüber eine alte Narbe trifft. Und ja, es tut manchmal noch weh. Und ja, manchmal sitze ich einfach da – erschöpft. Müde vom ständigen Kämpfen. Denn ehrlich gesagt: Es ist nicht fair. Es ist verdammt unfair, dass all die Kopien da draußen, die sich brav an gesellschaftliche Regeln halten und keine eigene Identität leben, als „richtig“ gelten. Als Maßstab.


Aber mal ganz ehrlich: Ich will und werde niemals die Regel sein. Warum? Aus einem ganz einfachen Grund: Diese „Regel“-Menschen leben vielleicht ein Leben, das ganz okay ist – aber ich will kein „ganz okay“. Ich will ein „affengeil“.


Denn weißt du, was mich weitermachen lässt? Zu wissen, dass ich Dinge wirklich fühle. Vollkommenes Glück. Leichtigkeit. Tiefe, wahre Liebe. Zu wissen, was es bedeutet, erfüllt und glücklich zu sein – das ist mein Gewinn. Das ist der Preis, den ich gerne zahle. Zu wissen, dass ich all das fühlen kann, was viele niemals fühlen werden – genau das lässt mich immer wieder weiterkämpfen.


Für mein Herz.
Für meine Seele.
Für mein Ich.

Wer hier schreibt?

Ich – Ronja Amelie.

Mama, Mentorin, Freigeist. Ich schreibe hier ehrlich, direkt und mitten aus dem Leben. Über das Frau-Sein, das Mutter-Sein, das Ich-Sein – und über all die verrückten, wundervollen und manchmal schmerzhaften Zwischenräume dazwischen.

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